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Pressemitteilung Nr. 30 / 20. November 2003 / NABU Sachsen

Wird das neue sächsische Wassergesetz ein Schlag ins Wasser?
NABU kritisiert Novellierungsentwurf

Das sächsische Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft hat einen Entwurf zur Änderung des sächsischen Wassergesetzes vorgelegt und entspricht damit der Verpflichtung, sächsisches an europäisches Recht, d.h. an die Wasserrahmenrichtlinie der EU, anzupassen. Wo diese Anpassung zwingend notwendig war, ist sie auch erfolgt. "Doch davon abgesehen sind wir von diesem Entwurf außerordentlich enttäuscht", so Bernd Heinitz, Geschäftsführer des NABU Sachsen. "Jahrelang haben der NABU und andere Verbände angestrengt darum gekämpft, die von Kleinwasserkraftanlagen verursachte katastrophale Situation an sächsischen Fließgewässern zu verändern. Doch der vorliegende Entwurf hinterläßt den Eindruck, als hätte es an unseren Flüssen noch nie ein ernsthaftes Problem gegeben. Er scheint geradezu dafür geschaffen zu sein, die bestehende schlimme Situation noch zu verschärfen."

So bedurfte zum Beispiel die - ohnehin sehr problematische - Reaktivierung alter, zerstörter, nicht mehr in Betrieb befindlicher Kleinwasserkraftanlagen bisher eines Genehmigungsverfahrens. Jetzt ist eine Erlaubnis oder Bewilligung nicht mehr erforderlich, und zwar unabhängig davon, ob diese Anlagen funktionsfähig sind oder nicht. Wo noch ein Rest von Wehr existiert, kann jeder, der will, sogenannte Altrechte geltend machen, eine Wasserkraftanlage bauen und in Betrieb setzen. Das heißt, die Behörde schafft, ohne von jemandem dazu gedrängt worden zu sein, für alte Wasserkraftanlagen Bestandsrecht und verschärft damit die durch Kleinwasserkraftanlagen verursachte verhängnisvolle Situation an den sächsischen Fließgewässern.

Auch die Bestimmungen zur Deichunterhaltung sind aus Sicht des NABU fragwürdig: Im Wasserhaushaltgesetz ist eindeutig festgelegt, daß die Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer der Planfeststellung bedarf. Das gilt auch für Deiche. Im vorliegenden Gesetzentwurf werden Eingriffe dieser Art, zu denen auch die Beseitigung langjährig stehender Bäume, Sträucher und Wurzelstöcke gehört, als Unterhaltungsmaßnahmen deklariert; ein Planfeststellungsverfahren ist nicht erforderlich.

Die anerkannten Verbände haben - wie auch bei den genannten wasserrechtlichen Regelungen - keine Möglichkeit der Mitwirkung. Es brauchte, wenn die Unterhaltungsmaßnahmen in einem Schutzgebiet vorgenommen werden sollen, keine Befreiung von den Schutzbestimmungen mehr erteilt zu werden. Unsachgemäße, u.U. unnötige Eingriffe sind programmiert.

Was darüber hinaus außerordentlich bedenklich stimmt: Bei wichtigen Entscheidungen will man in Zukunft auf den Sach- und Fachverstand der Staatlichen Umweltfachämter verzichten. Statt dessen sollen jetzt für die unteren Wasserbehörden die höheren Wasserbehörden als Fachbehörden fungieren. Und diese wiederum haben laut Entwurf keine Fachbehörde mehr, sie beraten gewissermaßen sich selbst.
Allein aus Personal- und Zeitmangel dürfte den Regierungspräsidien die Wahrnehmung der bisher von den Staatlichen Umweltfachämtern erfüllten Aufgaben nicht möglich sein. Doch wenn es im Zusammenhang mit dem Biotop- und Artenschutz um differenzierte Probleme geht, kann ein Staatliches Umweltfachamt mit seiner hohen Sachkenntnis durch keinen Behördenmitarbeiter ersetzt werden. Hinzu kommt, daß die Staatlichen Umweltfachämter als Fachbehörden unabhängig nach rein fachlichen Kriterien urteilen. Ohne sie besteht die Gefahr, daß aus Zeitgründen falsche oder gar keine Entscheidungen getroffen werden.

"Wie eine Umweltbehörde freiwillig auf kompetente Partner verzichten und sich ein Gesetz schaffen kann, das ihr bei der Durchsetzung wichtiger, die Natur und Umwelt betreffender Anliegen Steine in den Weg legt, ist uns schlechterdings unbegreiflich", so Bernd Heinitz abschließend. "Der NABU hat sich in den vergangenen Jahren auf vielerlei Art auch für eine transparente, den naturschutzrechtlichen und fachlichen Anforderungen gerecht werdende Gesetzgebung auf dem Gebiet des Wasserrechtes eingesetzt, oft im Konsens mit den Behörden. Der Freistaat Sachsen hat ein zukunftsweisendes Programm zur Verbesserung der Durchgängigkeit sächsischer Fließgewässer beschlossen. Die zur Diskussion stehende Gesetzesvorlage läßt die jahrelangen Kämpfe der Verbände ins Leere laufen und ist geeignet, die Realisierung des von uns positiv bewerteten sächsischen Gewässerprogramms zu hintertreiben. Demzufolge ist auch zu bezweifeln, daß die Gesetzesvorlage dem eigentlichen Ziel der Wasserrahmenrichtlinie, bis 2015 einen guten ökologischen Zustand der Gewässer herzustellen, wirklich dienlich ist. Sie bedarf unbedingt einer Überarbeitung."
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Die Pressemitteilung steht hier (100 KB) zum Download zur Verfügung.

Herausgeber:
NABU Landesverband Sachsen e.V.
Löbauer Str. 68
04347 Leipzig
www.nabu-sachsen.de

Redaktion: Ursula Dauderstädt
Verantwortlich: Bernd Heinitz
Telefon: 0341-2411995
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E-Mail : landesverband@nabu-sachsen.de

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